Johann Rothaar Hammerblech

*12.12.1765, Falkenberg/Mark   +26.12.1865 Prag

 


Wir schreiben das Jahr 1775, der Bau der Hammermühle ist in vollem Gange, ein junger Johann spielt im Bach und verfolgt neugierig das Entstehen einer Schmiede mit wasserradbetriebenem Hammer. Ein Damm zum Aufstauen des Mühlenteichs entsteht, der Berg zur Linken wird in Zukunft Schmiedeberg heißen, und dieser ist gerade Treffpunkt und Wohnstätte einiger Falken, denen die Aussicht ins Oderbruch scheinbar sehr gefällt. 

Außergewöhnlich wirkt der gleichmäßige Rhythmus des Hammers, regelrecht hypnotisch, auf den heranwachsenden Johann Rothaar. Es dauert nicht lange bis sich dieser auf eine Gesellenstelle in der Schmiede bewirbt. Nach einigen Jahren seiner Lehrzeit läd Johann an den Wochenenden zum Tanzen in die Hammermühle ein. Der "Salon Heure Bleue" ist geboren (zu deutsch "Blaue Stunde"). Viele Hugenotten leben hier, weil Friedrich der "Große", ein fürchterlicher Kriegstreiber, daher Friedlich der "Kleine", einen Damm an der Oder erbauen lässt, um das Oderbruch trocken zu legen, mit dem Ziel fruchtbares Land vor den Toren Berlins zu gewinnen. Die Hugenotten sind zwar gut im Damm-Bau, doch vom Feiern, Tanzen und Baguettes hält sie wenig fern. Es entsteht eine Untergrundbewegung, die politisch, kulturell und künstlerisch aktiv ist. 

Der durchdringende Rhythmus des Hammers lockt massenhaft Gäste von Nah und Fern, die Industrie-Musik entsteht. So ist die Mühle nicht nur ein industrielles Gebäude, sondern Klanglandschaft, in der der frühe Geist der Technomusik zum Leben erweckt wird. Herzschlag, Tageszeiten, Jahreszeiten - alles ist Rythmus, alles ist Schwingung, alles gehört zusammen. 

Die Rote Mühle ist ein Ort, an dem Alltagsgeräusche in rhythmische Muster umgewandelt werden, in eine avantgardistische Symphonie.

Die Enkel von J. Rothaar Hammerblech heißen Rothe oder Rote und daher wird auch die Mühle so genannt. Vielleicht kommt deren Name von den roten Haaren, oder der roten Gesichtsfarbe vom dollen Tanzen. Jedenfalls wird 1876, sprich 100 Jahre später, die Mühle zu einer Getreidemühle umgebaut, inklusive einer Backstube und wenn der Wind gut steht, dann duftet es in Bad Freienwalde nach französischen Baguettes - so erzählen es die Leute.